Drei Fragen an AnEffLo – Anti-Effizienzlogiken: Reflexiv-nachhaltige Perspektiven auf Interaktionsarbeit am Beispiel Pflege
„Drei Fragen an…“ ist ein Kurzinterview-Format, in dem Projekte aus dem Förderschwerpunkt über ihre Arbeit berichten.
Datum 13.10.2021
Interaktionsarbeit unterliegt immer stärker Automatisierungs- und Digitalisierungstendenzen. Für AnEfflo wird der sichere Umgang mit neuen Technologien sowie ein grundlegendes Vertrauen in diese zunehmend wichtiger, damit Beschäftigte sowie PatientInnen die Chancen des digitalen Wandels nutzen können. Das Denken in Effizienzlogiken und ein enger Fokus auf Wirtschaftlichkeit können dem entgegenstehen, wodurch die Anwendung von „Anti-Effizienzlogiken“ mit Mitteln moderner Technologien erforderlich wird. Anti-Effizienzlogiken berücksichtigen nämlich auch „weiche“ Faktoren wie Affekte oder Beziehungsqualitäten sowie die Stimmung von KlientInnen und die Arbeitszufriedenheit von Pflegekräften.
Das Projekt AnEfflo hat es sich zum Ziel gesetzt, nicht nur die Zufriedenheit von Pflegekräften und Pflegebedürftigen zu erhöhen, sondern auch die organisationale Innnovationsfähigkeit zu stärken und Arbeit in der Pflege gesundheitsförderlicher zu gestalten. Hierfür werden im Rahmen des Projekts drei Instrumente entwickelt, um digitale Technologien in diesem Sinne einzusetzen. So soll erstens ein reflexiv-nachhaltiges Unterstützungssystem für Personal- und Versorgungsplanungsprozesse entstehen, welches weiche Faktoren wie gegenseitige Sympathie (zwischen Pflegebedürftigen und Pflegekräften, aber auch in Pflegeteams) und emotionale Verfassung berücksichtigt. Die Daten dafür liefert u.a. eine Emotionserkennungs-App, die auf KI-Technologien beruht. Ergänzt werden diese Elemente durch ein Software-Tool für reflexives Pflegemanagement, das bei der Erkennung sowie Priorisierung von Entscheidungsalternativen hilft. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse und Verfahren können im Anschluss auch auf andere Branchen übertragen werden, in welchen Interaktionsarbeit eine zentrale Rolle spielt.
1. Weshalb ist es so wichtig, Anti-Effizienzlogiken zu fördern und auch weiche Faktoren zu berücksichtigen?
Zunächst einmal ist festzuhalten: die einseitige Verfolgung der Logik der Effizienz ist häufig nicht einmal effizient im eigenen Verständnis, sondern erzeugt oft paradoxe Phänomene. Wenn ich etwa im Dienst der Effizienzsteigerung die Arbeitsbelastung hochschraube, damit aber im Endeffekt mehr Krankheitsausfälle erzeuge, schade ich damit letztlich der „Produktivität“. Zudem müssen wir uns vergegenwärtigen, dass Effizienz eigentlich immer nur Mittel zum Zweck ist und nie Selbstzweck sein sollte. Das gilt umso mehr für Bereiche wie Pflege und Gesundheit. Für das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Menschen ist z.B. gegenseitige Sympathie sehr wichtig. Da ist es dann vielleicht nur ein „Nebeneffekt“, dass auch die Qualität meist steigt, wenn die Sympathie stimmt.
2. In welchen konkreten Berufsfeldern könnten die in AnEffLo entwickelten Lösungen noch Anwendung finden?
Insbesondere die App zur Erfassung der gegenseitigen Sympathie, die als Grundlage dient, um auf dieser Basis z.B. Vorschläge für die Teamzusammenstellung zu machen, könnte sehr breit – in fast allen Bereichen, wo Menschen zusammenarbeiten – angewendet werden. Aber auch unsere anderen Lösungen ließen sich unseres Erachtens vielseitig einsetzen, speziell natürlich im Bereich der Gesundheitsdienstleitungen, aber auch weit darüber hinaus, z.B. im Handel, Beratungseinrichtungen etc.
3. Wie genau sieht ein reflexives Pflegemanagement aus?
Ein reflexives Pflegemanagement würde versuchen, (neue) Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation – für die Pflegebedürftigen wie das Pflegepersonal – zu erkunden, Spielräume zu nutzen und zu schaffen und dabei nachhaltig zu handeln. Das schließt das Bewusstsein für die Relevanz der sogenannten „weichen“ Faktoren mit ein – doch leider fallen diese bei konkreten Entscheidungsprozessen oft unter den Tisch. Manchmal geschieht dies ganz einfach, weil sie vergessen werden oder weil bestimmte Alternativen (bei denen sie besser berücksichtigt würden) nicht ins Blickfeld geraten. Wir entwickeln deshalb ein „reflexives“ Softwaretool, dass genau hier ansetzt: es soll helfen, Faktoren wie Mitarbeiterzufriedenheit etc. stärker ins Bewusstsein zu rücken und hilft bei der entsprechenden Gewichtung von Entscheidungsalternativen.