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Drei Fragen an ProDigA – Versorgungsprozesse digital unterstützen für die Gestaltung guter Interaktionsarbeit

„Drei Fragen an…“ ist ein Kurzinterview-Format, in dem Projekte aus dem Förderschwerpunkt über ihre Arbeit berichten.

Datum 20.10.2021

Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, verursacht etwa durch einen Schlaganfall oder eine neurologische Erkrankung, haben oft komplexe Versorgungsbedarfe. Von einem Dienstleister allein können diese häufig nicht abgedeckt werden, vielmehr müssen für eine hochwertige Versorgung unterschiedliche Akteure wie HilfsmittelanbieterInnen, PflegedienstleisterInnen, TherapeutInnen etc. eingebunden werden. Die Koordination der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den DienstleisterInnen und die Organisation der Leistungen stellen PatientInnen wie Angehörige oft vor große Herausforderungen. Zudem fällt es angesichts der erheblichen krankheitsbedingten Einschränkungen nicht immer leicht, die individuellen Wünsche und Bedarfe in diesen Prozess einzubringen.

Um den Betroffenen bei der Organisation einer bedarfsgerechten Versorgung zu helfen und die DienstleisterInnen bei der erforderlichen Zusammenarbeit zu unterstützen, braucht es geeignete Strukturen und Netzwerke. Im Rahmen des Forschungsprojekts ProDigA wird deshalb ein onlinebasiertes Versorgungsnetzwerk auf- und ausgebaut, in dem die PatientInnen mit den unterschiedlichen DienstleisterInnen und Fachkräften über eine Plattform verbunden sind. Basis dafür ist die bestehende Versorgungsplattform von Ambulanzpartner (www.ambulanzpartner.de). Über das Projekt soll eine aktive Einbeziehung und damit eine Steigerung der Autonomie von PatientInnen und deren Angehörigen unterstützt werden. Darüber hinaus soll eine individualisierte Versorgung ermöglicht und Doppel- und Fehlversorgungen vermieden werden. Durch eine Stützung der Interaktionsprozesse und ein Qualifizierungskonzept sollen zudem die Fachkräfte bei ihrer Arbeit entlastet werden. Schließlich wird eine effiziente und nutzenoptimierende Vorgehensweise für die Geschäftsmodellentwicklung modellhaft erprobt und ein Transferkonzept für künftige multiprofessionelle Dienstleistungsnetzwerke entwickelt.

1. Inwiefern trägt das Projekt zu einer verbesserten Interaktion zwischen PatientInnen und DienstleisterInnen bei?

Im Rahmen des Projekts wird eine Anwendung für eine App entwickelt, die es PatientInnen ermöglicht, individuelle Bedarfe und Wünsche für die Pflege, hauswirtschaftliche Versorgung und Alltagsgestaltung direkt an die Plattform und die DienstleisterInnen, modellhaft zunächst an einen Pflegedienstleister, zu adressieren. Dies ist bei den komplexen Versorgungsbedarfen der PatientInnen mit schweren neurologischen Erkrankungen eine wichtige Unterstützung der Bedarfsartikulation. Auf der Grundlage einer Prozessbeschreibung greift der oder die DienstleisterIn diese Hinweise auf und klärt mit den PatientInnen vor Ort die Umsetzung. Dieses Vorgehen sichert eine zielgenaue und nachhaltige Realisierung von PatientInnenwünschen ergänzend zu den Standardroutinen der Versorger ab.
Darüber hinaus sind viele dieser PatientInnen aufgrund ihrer Erkrankung in ihrer sprachlichen Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt und müssen sich Kommunikationshilfen bedienen. Für Pflegekräfte und andere professionell Helfende ist die Kommunikation mit diesen PatientInnen nicht immer einfach. Daher wird ein Schulungsmodul entwickelt und erprobt, das die Beschäftigten von Pflegeeinrichtungen und anderen DienstleisterInnen in der Kommunikation unterstützen sowie ihre Kompetenzen und Handlungssicherheit stärken soll.
Beide Bausteine zielen auf eine Verbesserung der Interaktion zwischen PatientInnen und den Beschäftigten der DienstleisterInnen. Dies trägt zu einer bedarfsgerechteren Versorgung wie auch zu einer Entlastung der Fachkräfte bei.

2. Welche Akteure, aus welchen Bereichen, können an so einem multiplen Versorgungsbedarf beteiligt sein?

Eine gute Versorgung von Menschen mit komplexen neurologischen Erkrankungen erfordert einen intensiven Austausch zwischen PatientInnen (meist auch Angehörigen) und den am Versorgungsprozess beteiligten DienstleisterInnen. Gesundheitliche Einschränkungen, die sich im Krankheitsverlauf ständig verändern können, bedürfen einer kontinuierlichen Anpassung der Hilfs- und Heilmittel (HilfsmittelversorgerInnen, Apotheken, Sanitätshäuser) sowie von therapeutischen Angeboten (Physiotherapie, Logopädie etc.) und pflegerischen Dienstleistungen (Pflegedienste, Haushaltshilfen). Daher ist es entscheidend, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, ihr eigenes Versorgungssetting mitzugestalten und ihre Wünsche einzubringen. Zugleich besteht für viele PatientInnen das Bedürfnis nach Beratung und fachkundiger Unterstützung bei der Organisation der Versorgung. Eine gute Abstimmung ist also zentral für eine gute Versorgung.

3. Welche Elemente machen die Innovationen auf der Service-Plattform aus?

Im Rahmen des Projektes wird die Versorgungsplattform um drei technische Module erweitert: Erstens wird der Registrierungsprozess vereinfacht und er kann nun von PatientInnen selbst abgewickelt werden. Sie sind dazu nicht mehr wie bisher auf den behandelnden Arzt angewiesen. Zweitens stellt ein Service-Center spezifizierte Informationen zur Verfügung und ermöglicht so, dass PatientInnen sich anhand ihres Krankheitsbildes und des Krankheitsverlaufes Informationen (z. B. Erklärvideos) zu entsprechenden Hilfsmitteln einholen können. Weiter finden Betroffene hier einen Formularschrank mit Musterdokumenten sowie Informationen zu PatientInnenverbänden und Selbsthilfegruppen. Drittens sollen durch eine Erweiterung der bestehenden Ambulanzpartner-App PatientInnen die Möglichkeit erhalten, Informationen, Hinweise und Wünsche zu ihrer persönlichen pflegerischen Versorgung, zu pflegerischen und alltagsunterstützenden Leistungen sowie zu ihren persönlichen Neigungen, Vorlieben und Abneigungen zu hinterlegen. Dazu dient das neue pflegerische Profil in der App. Die Daten des pflegerischen Profils dienen dazu, die individuelle Pflege zu verbessern. Mit Hilfe der App können Betroffene ihr individuelles pflegerisches Profil anlegen und an den Pflegedienst versenden. Die App erlaubt hier also einen Prozess, individuelle Anpassungen der häuslichen Versorgungssituation auf einfachem Wege anzustoßen.
Durch diese Maßnahmen werden die PatientInnen in den Versorgungsprozess stärker eingebunden und ihre Autonomie und Selbstständigkeit gefördert.