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Drei Fragen an SO-SERVE - Social Service Engineering – Synergien von Arbeits- und Dienst­leistungswissenschaft für die Verbesserung von Arbeit an und mit Menschen nutzen

„Drei Fragen an…“ ist ein Kurzinterview-Format, in dem Projekte aus dem Förderschwerpunkt über ihre Arbeit berichten.

Datum 14.07.2021

Die Arbeit an und mit Menschen unterliegt einem beständigen Ökonomisierungsdruck. Um die Arbeit wirtschaftlich und fokussiert auf den KlientInnennutzen zu gestalten, wird der Ansatz des Service Engineering verfolgt. Dieser effizienzorientierte Ansatz, der sich mit der Gestaltung von Dienstleistungen unter Verwendung geeigneter Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeugen befasst, steht allerdings teilweise im Widerspruch zu den Anforderungen von Interaktionsarbeit. Merkmale wie wechselseitige Kooperationen, der Umgang mit Emotionen und situativen Handlungsbedarfen werden nicht ausreichend integriert.

An dieser Stelle setzt das Projekt SO-SERVE an. Es hat sich zum Ziel gesetzt, unter Berücksichtigung technologischer Entwicklungen, den effizienzorientierten Service-Engineering-Ansatz mit arbeitspsychologischen Gestaltungslösungen anzureichern, um somit auf die Besonderheiten von interaktiver Arbeit einzugehen. Das Service Engineering wird damit zum Social Service Engineering. Im Projekt wird eine interdisziplinäre Kooperation umgesetzt: Die effizienz- und klientInnenorientierte Sicht des Service Engineering wird ebenso berücksichtigt wie die beschäftigtenorientierte Sicht der Arbeitspsychologie und -gestaltung.

1. Welchen Nutzen bietet das Social Service Engineering für Unternehmen, Beschäftigte und KlientInnen?

Für Unternehmen bietet das Social Service Engineering die Chance, Effizienzbestrebungen menschzentriert zu realisieren, wodurch sowohl die Produktivität der angebotenen Dienstleistung als auch die Attraktivität der Arbeit gesteigert werden kann. Gute Arbeitsbedingungen wirken sich dabei nicht nur auf die Beschäftigten positiv aus (z. B. durch eine hohe Arbeitszufriedenheit). Sie spiegeln sich auch in einer verbesserten Interaktion mit den KlientInnen wider und haben damit Einfluss auf die Dienstleistungsqualität.

Der Nutzen des Social Service Engineering besteht darin, dass den individuellen Bedarfen der KlientInnen und Beschäftigten an Interaktionsarbeit gleichermaßen nachgekommen werden kann und auf diese Weise marktfähige und attraktive Dienstleistungen gestaltet werden können, die unter menschengerechten Arbeitsbedingungen erbracht werden. Dem liegt die Prämisse zugrunde, dass gute (Interaktions-)Arbeitsbedingungen ein maßgeblicher Faktor für die Qualität und Effizienz von personenbezogenen Dienstleitungen sind. Größtmöglicher Nutzen kann entsprechend nur erreicht werden, indem die Interessen aller an der Interaktionsarbeit Beteiligten berücksichtigt werden. Maßnahmen für die Dienstleistungsgestaltung bei Interaktionsarbeit schließen neben arbeitswissenschaftlichen Maßnahmen auch technologische Entwicklungen ein. Stetiges Ziel dieses Entwicklungsprozesses ist dabei die Förderung und Unterstützung der Interaktion zwischen den beteiligten Personen.

Im Anwendungsfall der Kinderbetreuung spiegelt sich das in einer Unterstützung der Informationsaustauschprozesse wider, welche im Sinne der angestrebten Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Familien und Kita von hoher Relevanz ist. Gleiches gilt für die ambulante Pflege. Auch hier kann der Technikeinsatz Abstimmungs- und Austauschprozesse verbessern. In jedem Fall muss der Technikeinsatz unter Berücksichtigung der Anforderungen von Beschäftigten an „gute Arbeit“ und von KlientInnen an „gute Dienstleistung“ erfolgen. Das Social Service Engineering unterstützt Unternehmen dabei, „gute Dienstleistungen bei guter Arbeit“ zu erreichen.

2. Wie kann Social Service Engineering konkret zu guter Interaktionsarbeit beitragen?

Die Gestaltung von Interaktionsarbeit zielt auf eine kontinuierliche Verbesserung der Interaktionsarbeit, sowohl für die Beschäftigten als auch für die KlientInnen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden im Rahmen von SO-SERVE für Unternehmen drei anwendungsnahe, in der Praxis erprobte Projektergebnisse entwickelt. Diese umfassen handlungsleitende Prinzipien für die Gestaltung von Interaktionsarbeit, ein Vorgehensmodell und einen Methodenbaukasten.

Die SO-SERVE-Prinzipien beinhalten übergeordnete Grundsätze, die bei der menschengerechten und effizienten Gestaltung von Interaktionsarbeit beachtet werden sollten. Solch ein SO-SERVE-Prinzip ist zum Beispiel: „Social Service Engineering muss die Voraussetzungen und Möglichkeiten aller AkteurInnen im Netzwerk berücksichtigen“. Das SO-SERVE-Vorgehensmodell stellt ein strukturiertes Vorgehen bei der Gestaltung von Interaktionsarbeit dar. Als Schritt-für-Schritt-Anleitung beschreibt es im Detail erforderliche Gestaltungsaktivitäten – von der Ist-Stand-Analyse bis hin zur Implementierung von Verbesserungsmaßnahmen. Der SO-SERVE-Methodenbaukasten unterstützt die Vorgehensschritte aus dem SO-SERVE-Vorgehensmodell durch geeignete praktisch anwendbare Werkzeuge. Die einzelnen Methoden werden in einem digital verfügbaren Methodenbaukasten zur Verfügung gestellt.

Die Prinzipien, das Vorgehensmodell und die Methoden ermöglichen die Übertragbarkeit der Projektergebnisse auch über den Projektverbund hinaus. Sie unterstützen Praktikerinnen und Praktiker in Unternehmen bei der eigenständigen effizienten und menschengerechten Gestaltung der Interaktionsarbeit.

3. In welchen Bereichen könnte Social Service Engineering noch Anwendung finden?

Neben den Anwendungsgebieten in der Pflege und Kinderbetreuung eignet sich Social Service Engineering auch für andere Bereiche der Interaktionsarbeit. Der Charme des Ansatzes liegt in der ökonomischen sowie effizienzorientierten Herangehensweise und der Möglichkeit, diese mit der beschäftigtenorientierten Sichtweise der Arbeitspsychologie und -gestaltung zusammenzubringen.

Darüber hinaus bietet sich ein weites Anwendungsfeld bei der Unterstützung von Digitalisierungsbestrebungen im Rahmen der Verbesserung von Arbeitsabläufen innerhalb der Unternehmen. Digitalisierung kann Beschäftigte bei vielfältigen Arbeitsabläufen unterstützen und entlasten. Das Vorgehensmodell und der Methodenbaukasten können im Rahmen der Prozessanalyse eingesetzt werden und dabei neben den KlientInnen auch die Beschäftigten in den Blick nehmen. Social Service Engineering bietet hier eine Perspektive, die durch Technikorientierung sonst gerne versperrt bleibt – eine Perspektive, die klare Mehrwerte der Digitalisierung für KlientInnen, Beschäftigte und Unternehmen schafft. Mit diesen vielseitig nutzbaren Mehrwerten besteht Potential, auch Unternehmen zu erreichen, die Prozessgestaltung und Digitalisierungsprojekte bisher getrennt von gesundheitsförderlicher Arbeitsgestaltung betrachtet haben. Ebenso eröffnet sich die Möglichkeit, die innerbetrieblichen Interaktionen zwischen Beschäftigten und internen KundInnen sowie Führungsprozesse zu analysieren, zu dokumentieren und zu verbessern.