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Drei Fragen an INSTANT – INtelligente Zusammenarbeit mit SprachbasierTen AssisteNTen

„Drei Fragen an…“ ist ein Kurzinterview-Format, in dem Projekte aus dem Förderschwerpunkt über ihre Arbeit berichten.

Datum 21.05.2021

Die Dienstleistungsarbeit im Kundenservice zeichnet sich durch eine interaktive, flexible und wissensintensive Arbeitsweise aus. Inhaltliche Unvorhersehbarkeit, Informationslücken, Konflikte im Kundenkontakt und ein rasantes Wachstum an verfügbaren Informationen gehören zu den täglichen Herausforderungen, denen die Beschäftigten in der Branche gegenüberstehen. Die Anforderungen stellen für viele Arbeitnehmer*innen eine große Belastung dar, die auch gesundheitliche Folgen nach sich ziehen kann.

INSTANT will durch eine intelligente Zusammenarbeit mit sprachbasierten Assistenten die Interaktionsarbeit im Kundenservice erleichtern und die Beschäftigten bei ihrer Arbeit unterstützen. Schon heute werden digitale Sprachassistenten in verschiedenen Bereichen des Alltags eingesetzt. Im beruflichen Kontext finden sie hingegen bislang nur begrenzt Anwendung, obwohl sich durch die Digitalisierung diverse Anwendungsfelder ergeben. INSTANT begreift den digitalen Wandel als eine Chance für die Interaktionsarbeit im Kundenservice. Möglichkeiten von leistungsstarken, digitalen Sprachassistenten werden mit den Herausforderungen der Dienstleistungsarbeit im Kundenservice verknüpft. Intelligente sprachbasierte Assistenzsysteme sollen einfache Fragestellungen im Kundenservice selbstständig bearbeiten und Beschäftigten Lösungsstrategien vorschlagen. Die Arbeitnehmer*innen werden so nicht nur kognitiv entlastet, sondern zugleich weiterqualifiziert und zum technologiegestützten arbeitsintegrierenden Lernen motiviert. INSTANT entwickelt hierzu verschiedene Interaktionsmodelle, welche anschließend in die Praxis integriert und erprobt werden. Als Ergebnis entstehen Handlungsempfehlung für Interaktionen und Technikeinsätze in den Unternehmen, die zu humanen und nachhaltigen Arbeitsbedingungen im Kundenservice beitragen.

1. Wie und in welchen Bereichen können die sprachbasierten Assistenten die Beschäftigten konkret unterstützen und entlasten?
Das Ziel von INSTANT ist es, Beschäftigte durch einen Einsatz von intelligenten, sprachbasierten Assistenten zu unterstützen und zu entlasten. Das Projekt untersucht dabei unterschiedliche Einsatzszenarien von konversationalen Agenten. Diese umfassen sowohl text-basierte als auch sprach-basierte Assistenzsysteme, die in verschiedenen Interaktionskonstellationen im Kundenservice eingesetzt werden können. Sie können Kunden bzw. Mitarbeitern an die Seite gestellt werden, um ihnen Aufgaben im Serviceprozess abzunehmen oder sie bei der Bewältigung von komplexen Aufgaben zu unterstützen. Mögliche Lösungsstrategien können aufgezeigt und somit eine kognitive Entlastung herbeigeführt werden, eine höhere Produktivität erlangt sowie die fortlaufende Weiterbildung durch eine gezielte Wissensbereitstellung ermöglicht werden. Ein konkretes Beispiel, welches im Projekt untersucht wird, ist der Einsatz von Chatbots. Chatbots umfassen textbasierte Dialogsysteme, mit denen natürlich sprachlich interagiert werden kann. Im Kundenservice bieten sie die Möglichkeit als zentraler Akteur in der Serviceerbringung einfache Kundenanfragen zu beantworten und somit Mitarbeiter zu entlasten, die einem rasanten Wachstum von Kundenanfragen ausgesetzt sind. Da Chatbots zu Beginn über begrenzte Möglichkeiten verfügen (die sprachliche Komponente muss trainiert und Wissensdatenbanken schrittweise angeschlossen werden), müssen neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Kunde-Chatbot-Mitarbeiter gefunden werden, die im Projekt untersucht werden. Neben dem Übergabe-Szenario von Chatbot zum Kundenservice-Mitarbeiter sind begleitende und unterstützende Szenarien durch sprachbasierte Assistenten möglich. So kann das Assistenzsystem z.B. als Experte im Hintergrund, den Service-Mitarbeiter in Kundenanliegen unterstützen und Empfehlungen aussprechen, um Kundenanfragen effizienter lösen zu können und Mitarbeiter somit beim Lösungsfindungsprozess zu entlasten. Auch hier benötigt es neue Formen der Technik-, Interaktions- und Arbeitsprozessgestaltung für die Mitarbeiter auf die noch Antworten gefunden werden müssen.

2. Wie kann die Akzeptanz von Assistenzsystemen bei Beschäftigten sowie Kund*innen gesteigert werden?
Sprachbasierte Assistenzsysteme sind in den letzten Jahren durch unterschiedliche Gründe in der Öffentlichkeit in Verruf geraten, wodurch sie sowohl auf der Kundenseite als auch auf der Beschäftigtenseite unter Akzeptanzproblemen leiden und häufig mit viel Skepsis betrachtet und somit teilweise nicht (weiter-)verwendet werden. Zum einen handelt es sich bei intelligenten, sprachbasierten Assistenten um lernende Systeme. Ihre Fähigkeiten sind zu Beginn stark eingeschränkt und sie sind auf kontinuierliches Training angewiesen. Unterhaltungen mit dem sprachbasierten Assistenzsystem führen initial häufig ins Leere und somit zu Frustration auf Nutzerseite, die sie in der Folge nicht mehr weiter benutzen. Weiterhin sind gerade im Kontext von konversationalen Agenten auf Basis künstlicher Intelligenzlösungen datenschutzrechtliche und ethische Bedenken für die Nutzer von Relevanz. Gerade smarte Lautsprecher oder Sprachassistenten wie Siri, Alexa oder Cortana werden in der Öffentlichkeit von Daten- und Verbraucherschützern stark kritisiert, da sie z.B. unkontrolliert Gespräche mitschneiden können. Im Arbeitsplatzkontext bestehen weiterhin Bedenken in Bezug auf ihre hohen Automatisierungspotentiale. Das INSTANT-Projekt verfolgt das Ziel, konversationale Agenten aus organisationsrechtlichen und interaktionsgestalterischen Perspektiven zu untersuchen, um herauszufinden, wie Vertrauen und Akzeptanz bei Beschäftigten in Bezug auf KI-basierte Assistenzsysteme aufgebaut werden kann. Ansatzpunkte können hierbei (1) eine gute Interaktionsgestaltung und -design zum Entgegenwirken der Nichtverwendung, (2) eine nahtlose Einfügung in bestehende Arbeitsprozesse und Systeme, aber (3) auch eine transparente Kommunikation und Aufklärung, in Bezug auf die Fähigkeiten der Systeme sowie (4) klare Sicherheitsstandards, Verwendungs- und Datenschutzrichtlinien liefern.

3. Was ist an den digitalen Assistenzsystemen neu oder anders im Vergleich zu jenen, die bereits im beruflichen Kontext Verwendung finden?
Im Alltag finden sprachbasierte Assistenzsysteme vor allem als smarte Assistenten und Alltagshelfer breite Anwendung. Sie erledigen einfache Routine-Aufgaben, unterstützen beim Kochen, der Steuerung des Haushalts oder Fahrzeugs und dienen Entertainment-Zwecken (z.B. für Musik- oder Videowiedergabe). Zunehmend gewinnen sprachbasierte Assistenzsysteme allerdings auch an Bedeutung im Unternehmens- und Arbeitsplatzkontext. Gründe hierfür stellen erhebliche technologische Fortschritte in den Gebieten des maschinellen Lernens und der Sprachverarbeitung sowie eine fortschreitende digitale Vernetzung der Unternehmen und damit verbunden ein stark ansteigendes Datenaufkommen zur Analyse und Nutzung dar. Während Sprachassistenten privat vor allem für einfache Routineaufgaben benutzt werden, können diese im Berufsalltag Mitarbeitern in vielen Szenarien und Zusammenarbeitskonstellationen unter die Arme greifen. Ein geeignetes Anwendungsfeld für konversationale Agenten sind wissensintensive und kundennahe Services. Vor allem in diesem Kontext unterliegen Wissensmitarbeiter starken Herausforderungen und Belastungen durch z.B. stetig ansteigende und komplexe Anfragen. Mit Hilfe von sprachbasierten Assistenzsystemen können Serviceleistungen automatisiert erbracht und beliebig skaliert werden, aber auch Mitarbeiter im Hintergrund durch Sprach- und Datenanalyse unterstützt werden. Während bei den privaten Smart Speakern vor allem standardisierte Befehle verarbeitet werden können, die meistens wie Apps (sogenannte Skills) vorweg installiert werden, sind im beruflichen Kontext ganz neue Szenarien denkbar. Durch ein Zusammenwirken von Mitarbeiter und künstlichem Assistenzsystem im Hintergrund können die Stärken beider Akteursgruppen bestmöglich genutzt und so die deutlichsten Leistungs-/Produktivitätssteigerungen, bei gleichzeitiger Entlastung der Mitarbeiter, erreicht werden. Neben dem Einsatz eines Chatbots als neues Kundenfrontend, sind auch „kluge Assistenzsysteme“ als Unterstützer im Kundengespräch denkbar, die z.B. Daten analysieren und Lösungsstrategien aufzeigen.