Technische und organisatorische Arbeitsgestaltung in der psychosozialen Beratung (TOAB)
Chancen für Berater und Klienten durch Digitalisierung in multiprofessionellen Teams |
Psychosoziale Beratung ist ein echtes Vernetzungsthema: Probleme in diesem Bereich stehen selten für sich alleine, sondern sind häufig auf komplexe Weise miteinander verknüpft. Daher arbeiten hier meist multiprofessionelle Teams miteinander. Bislang fehlen in der psychosozialen Beratung jedoch passende Prozesse und Instrumente für diese komplexe Zusammenarbeit. Im Projekt TOAB soll deshalb eine Online-Plattform entwickelt werden, die alle Beteiligten bei Wissensmanagement, Kommunikation und Prozessorganisation unterstützt.
Projektüberblick
Förderbekanntmachung: |
Zukunft der Arbeit: Arbeiten an und mit Menschen | |
Laufzeit: |
01.06.2020 bis 31.05.2023 | |
Schlagworte: |
Multiple Problemlagen, multiprofessionelle | |
Anwendungsfelder: |
Psychosoziale Beratung (Erziehungs- und Familienberatung, Suchtberatung, | |
Selbsteinschätzung des Projekts in zentralen Dimensionen:
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Kontakt: |
Frau Prof. Dr. oec. Julia Arlinghaus
Institut für Arbeitswissenschaft, Fabrikautomatisierung und Fabrikbetrieb (IAF) Universitätsplatz 2, 39106 Magdeburg, G10-426 Tel.:+49 391 67-57409 Fax:+49 391 67-42404 | |
Weblink: |
Projektspezifikation
Projektabstract
Ziel des Vorhabens ist es, durch arbeitswissenschaftliche Begleitforschung, IT-Unterstützung und Einbindung von drei Praxispartnern digital unterstützte, kollaborative Arbeitsprozesse zu entwickeln, welche die Arbeit der interorganisationalen multiprofessionellen Teams von verschiedenen Einrichtungen der psychosozialen Beratung unterstützt. Durch die Auswahl und den Einsatz geeigneter Technologien werden im Zuge der Tätigkeiten des Vorhabens neuartige Arbeitsprozesse mit digitalen Services erschaffen, durch deren Implementierung die damit verbundenen psychischen Belastungen seitens der BeraterInnen optimiert sowie die Qualität und Effizienz des Beratungsprozesses verbessert wird. Um die Erforschung und Einrichtung der digital unterstützten, kollaborativen Arbeitsprozesse nachhaltig und anwendungsorientiert zu gestalten, wird ein partizipatives Vorgehen angestrebt. Bei der Auswahl geeigneter Technologien sollen zusätzlich Konzepte erarbeitet werden, welche die Bereitstellung der Technologien als digitalen Service evtl. in Form einer Plattform ermöglichen, um in der weiterführenden Verwertung entsprechende Netzwerkeffekte (Effizienz, Skalierung, Datenanalyse, usw.) ausnutzen zu können.
Verständnis von Interaktionsarbeit
Im Projekt TOAB verstehen wir Interaktionsarbeit als Mix aus Beratungstätigkeit, Emotions- und Gefühlsarbeit der BeraterInnen sowie Kommunikations- und Kooperationsarbeit im Trägerverbund. Gestützt wird die Interaktionsarbeit nun zusätzlich durch die eingeführten digitalen Services im Projekt.
Projektziel
Im Forschungsprojekt TOAB wird eine digitale, webbasierte Plattform entwickelt, welche die praktische Arbeit der MPT erleichtern wird. Die Plattform soll eine organisationsübergreifende digitale Kommunikation ermöglichen, ein Wissensmanagementsystem bereitstellen und den Prozess der Fallberatung effizient gestalten. Dies hat die Optimierung der arbeitsbezogenen Belastungen und psychischen Beanspruchungen der Fachkräfte zum Ziel, welche aus der neuen Arbeitsstruktur entstanden sind. Überprüft werden muss dabei, wie die digitalen Tools ausgestaltet sein sollten, damit durch ihren Einsatz keine neuen Belastungen entstehen.
Ausgangslage bzw. Motivation zum Projekt
Die Psychosoziale Beratung hat vielfältige Beratungsbereiche abzudecken (vgl. SGB II, SGB VIII, SchKG, Präventionsgesetz, Gesundheitsförderungsgesetz, Insolvenzgesetz). Dabei spielen zunehmend komplexe multiple Problemlagen seitens der KlientInnen eine Rolle. Das Land Sachsen-Anhalt reagierte auf diese Herausforderungen 2015 mit dem Gesetz zur Familienförderung und zur Förderung sozialer Beratungsstellen (FamBeFöG LSA). Hierin werden die Psychosozialen Beratungsstellen der Ehe-, Lebens-, Familien- und Erziehungsberatung zu einer „integrierten psychosozialen Beratung“ in multiprofessionellen Teams (MPT) verpflichtet. Die aktuell unzureichend gelöste inter- und intraorganisationale Zusammenarbeit führt zu zunehmenden Belastungen seitens der BeraterInnen. Gewünschte Effekte zur Steigerung der Ressourceneffizienz bei gleichzeitiger Verbesserung der Qualität des Beratungsprozesses haben sich bisher nur eingeschränkt eingestellt.
Forschungsgegenstand
Fokussiert werden im Vorhaben vor allem die Arbeitsbedingungen trägerübergreifender multiprofessioneller Teams. Die beabsichtigte Optimierung dieser Bedingungen durch digitale Services zielt direkt auf die Gesundheit, die Kompetenzen und die Emotions- / Gefühlsarbeit der BeraterInnen ab. Entsprechende Einflüsse sollen sich indirekt auf die direkte BeraterIn – KlientIn – Beziehung positiv auswirken.
Forschungsfragen
- Welche Potenziale und Anwendungsszenarien zur Einführung digitaler Werkzeuge in Beratungseinrichtungen für die nicht-klientenzentrierte Kommunikation und Kooperation mit dem Schwerpunkt der Verbesserung der Arbeit der multiprofessionellen Teams (MPT) unter den Aspekten von Leistungsförderlichkeit, Menschgerechtheit und Arbeitgeberattraktivität bestehen?
- Wie kann die psychosoziale Beratung für KlientInnen mit multiplen Problemlagen über die Entwicklung von digital unterstützten, kollaborativen Arbeitsprozessen (nachhaltige Problemlösung, höhere Effizienz im Beratungsprozess durch Vermeidung von „Mehrfachberatung“ und Identifikation von Synergieeffekten durch Kompetenzbündelung) verbessert werden?
- Wie kann die Implementierung der digital unterstützten, kollaborativen Arbeitsprozesse in die organisationale Praxis von Beratungseinrichtungen durch die prototypenhafte Ausprägung von digitalen Services, welche die Anwendungsfälle und damit einhergehenden Anforderungen adressieren, wie bspw. Services zur ortsunabhängigen Fallarbeit und Dokumentation sowie Services für den organisationsintegrierten Austausch für MitarbeiterInnen und deren Supervision, erfolgen?
- Welche potenziellen positiven/negativen Auswirkungen digital unterstützter, kollaborativer Arbeitsprozesse unter Bezugnahme auf arbeitswissenschaftliche Standards (Ausführbarkeit, Schädigungslosigkeit, Beeinträchtigungsfreiheit, Persönlichkeitsförderlichkeit, Sozialverträglichkeit) und ethischer, rechtlicher, sozialer und ökonomischer Implikationen können eruiert werden?
Forschungsdesign und -methodik
Das Vorhaben nutzt für die zu gewinnenden Erkenntnisse qualitative und quantitative Forschungsmethoden. In einem ersten Schritt werden die bereits bestehenden intra- und interorganisationalen Arbeitsprozesse bei den Anwendungspartnern hinsichtlich Belastungssituation und Arbeitsbedingungen der BeraterInnen sowie der Qualität des Beratungsprozesses untersucht (Belastungserhebungen mittels Fragebögen, Strukturanalysen durch Befragungen und Beobachtungen). Diese Analysen bilden die Grundlage für die Entwicklung digital unterstützter, kollaborativer Arbeitsprozesse zur Verbesserung der Arbeit multiprofessioneller Teams in der psychosozialen Arbeit durch digitale Services. Hierbei werden unterschiedliche Anwendungsszenarien hinterfragt und pilotiert. Die Pilotierungen der zu entwickelnden digitalen Services (Prototypen) werden entsprechend erprobt und exemplarisch in bestehende Strukturen von Beratungsorganisationen implementiert. Dabei wird ein nutzerzentrierter partizipativer Ansatz (User Centered Design, bspw. mittels NutzerInnen- Workshops) für die Entwicklung der digital unterstützten, kollaborativen Arbeitsprozesse und digitalen Services gewählt, um eine möglichst hohe Nutzerakzeptanz bereits frühzeitig sicherstellen zu können. Entsprechende Bildungsmodule (Kompetenzentwicklung) werden begleitend entwickelt und erprobt. Flankierend dazu erfolgt eine formative und summative Evaluierung, die die Entwicklung eines Indikatorensystems zur „Messung“ der Verbesserung in der Metaebene impliziert (Evaluationsstudien). Die Zusammenführung der digitalen Services in eine entsprechende IT-Plattform wird am Ende des Projektes Gegenstand der Untersuchungen sein.
Projektkonsortium
Projektkoordinator | ||
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft und Arbeitsgestaltung | ||
Wissenschafts- oder Praxispartner: Wissenschaftspartner | Branche: Wissenschaft | Standort (Hauptsitz): Magdeburg |
Aufgabe im Projekt: Arbeitswissenschaftliche Begleitforschung, physische und psychische Belastungsoptimierung | ||
Kurzbeschreibung zum Partner: Der Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft und Arbeitsgestaltung der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg befasst sich in Lehre, Forschung und anwendungsorientierter Projektarbeit mit der humangerechten und wirtschaftlichen Gestaltung der Arbeit als Beziehungsgeflecht Mensch-Technik-Organisation auf Basis arbeitswissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse. Das interdisziplinäre Team beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit Konzepten zur innovativen Arbeitsgestaltung und ist seit 1990 unter anderem in BMBF- (vormals BMFT-) und Industrieprojekten zur humangerechten und sozialverträglichen Gestaltung von Arbeitssystemen aktiv. | ||
Projektpartner | ||
Mensch-Technik-Organisation-Planung GmbH (METOP) | ||
Wissenschafts- oder Praxispartner: Wissenschaftspartner | Branche: Forschung und Entwicklung, Dienstleistung | Standort (Hauptsitz): Magdeburg |
Aufgabe im Projekt: Entwicklung digitaler Werkzeuge, Begleitung, Erprobung und Implementierung, Sicherstellung Datensouveränität, Steigerung Nutzerakzeptanz | ||
Kurzbeschreibung zum Partner: Die METOP GmbH wurde im Jahr 1995 als An-Institut der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg durch sechs HochschullehrerInnen gegründet, was sich bis heute in ihrem interdisziplinären Profil aus Arbeits- und Organisationspsychologie, Arbeitswissenschaft, Logistik, berufliche Weiterbildung und angewandte Informatik abbildet. Diese Fachgebietsstruktur ermöglicht die Bearbeitung anwendungsorientierter Forschungs-, Entwicklungs- und Bildungsdienstleistungen sowohl auf Einzelfeldern als auch ganzheitlich in der Verzahnung von Produkt-, Prozess- und Sozialinnovationen. Nicht zuletzt durch die Verzahnung der Schwerpunktfelder Arbeitswissenschaft und Angewandte Informatik ist die METOP GmbH versiert in der Begleitung partizipativer humanzentrierter Entwicklungsprojekte mit entsprechenden Soft- und Hardwareimplikationen. |
Projektpartner | ||
Gemeinnützige Paritätische Sozialwerke – PSW GmbH Sozialwerk Kinder- und Jugendhilfe | ||
Wissenschafts- oder Praxispartner: Praxispartner | Branche: Sozialwirtschaft | Standort (Hauptsitz): Magdeburg |
Aufgabe im Projekt: Erziehungs- und Schwangerenberatung, Implementierung und praktische Umsetzung, Unterstützung Weiterbildungsmodule | ||
Kurzbeschreibung zum Partner: Die Gemeinnützige Paritätische Sozialwerke-PSW GmbH ist ein innovativer und zuverlässiger Anbieter sozialer Dienstleistungen für die Bereiche Altenhilfe, Behindertenhilfe und Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen-Anhalt. Für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe werden auf Basis von Kontinuität, Transparenz und Vertrauen, am jeweiligen Bedarf ausgerichtet und in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den jeweiligen Jugendämtern, stationäre, teilstationäre, ambulante, flexible und beratende Hilfeformen angeboten und weiterentwickelt. Die einzelnen Angebote unserer 5 Erziehungshilfeverbünde sind dabei flexibel gestaltet, so dass sie den unterschiedlichen Erziehungsbedarfen entsprechen. | ||
Projektpartner | ||
AWO Kinder- und Jugendhilfe GmbH | ||
Wissenschafts- oder Praxispartner: Praxispartner | Branche: Soziale Dienste/Wohlfahrtspflege | Standort (Hauptsitz): Quedlingburg |
Aufgabe im Projekt: Erziehungsberatungsstelle, Implementierung und praktische Umsetzung, Unterstützung Weiterbildungsmodule | ||
Kurzbeschreibung zum Partner: Die AWO Kinder- und Jugendhilfe gemeinnützige GmbH ist ein modernes Unternehmen der Arbeiterwohlfahrt. Sie ist Träger von Kindertageseinrichtungen, Beratungsstellen und Hilfen zur Erziehung. Sie unterstützen Kinder und Jugendliche bei der Gestaltung ihres Lebens und begleiten sie ein Stück in ihrer Entwicklung. Die Heranwachsenden werden von ihnen in ihrer Persönlichkeit angenommen und gefördert. Sie knüpfen an ihre Ressourcen an und helfen ihnen, Probleme zu lösen. Zu ihren Angeboten gehört auch Projektarbeit mit den Zielen Qualifizierung und Integration in den Arbeitsmarkt. In ihrer Arbeit setzen sie auf die Balance zwischen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Werten – Wertebalance. | ||
Projektpartner | ||
Diakonisches Werk im Kirchenkreis Halberstadt e.V. | ||
Wissenschafts- oder Praxispartner: Praxispartner | Branche: Wohlfahrtsverband | Standort (Hauptsitz): Halberstadt |
Aufgabe im Projekt: Familienberatungsstelle, Implementierung und praktische Umsetzung, Unterstützung Weiterbildungsmodule | ||
Kurzbeschreibung zum Partner: Die Wurzeln des Diakonischen Werkes sind eng mit den Menschen verbunden, die in der Region Gemeindediakonie aufgebaut haben. Aus diesen Initiativgruppen entstanden der Diakonieverein und das Diakonische Werk mit deren späteren Verschmelzung zum Diakonischen Werk im Kirchenkreis Halberstadt e.V.. Das Diakonische Werk im Kirchenkreis Halberstadt e. V. hat die Aufgabe, für Menschen tätig zu werden, die seiner Hilfe, Beratung und Betreuung bedürfen und macht entsprechende Angebote als Ausdruck christlicher Nächstenliebe. Diese Aufgabe wird in einer Dienstgemeinschaft von Mitarbeitenden in unterschiedlichen Berufen, mit unterschiedlichen Begabungen erfüllt. |